Teppiche gesucht!

Mein heutiger Besuch bei Berliner politischen Gremien führte mich in den Integrations- und Migrationsausschuss der Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg. Dieser traf sich diese Woche zu seiner regulären Sitzung (Kurzprotokoll hier) im Kreuzberger Flüchtlingswohnheim an der Zeughofstraße 12-15. Das Flüchtlingsheim liegt direkt hinter der Emmauskirche im nordöstlichen Kreuzberg. Die Gegend ist gut, Übergriffe auf Flüchtlinge gibt es in diesem Teil von Berlin nicht. Christa Gunsenheimer, die Heimleiterin, führt uns durch die Gänge und Räume, zeigt uns das Haus und beantwortet geduldig unsere Fragen. Das Heim verfügt über Zimmer mit je 2-4 Bett en auf 3 Etagen. Dazu kommen Café- und Aufenthaltsräume, sowie ein Spielzimmer, in dem die Kinder von Sozialarbeiterinnen betreut werden können, wenn die Eltern einen Termin wahrnehmen wollen. Viele der Zimmer sind für Familien gedacht. Eine Familie von 4 Personen kann in der Regel in zwei Zimmern wohnen, davon eines als eigenes Wohnzimmer nutzen.

Fast alle Bewohner kommen aus der Erstaufnahmestelle in der Motardstraße 101a. Viele sind Folteropfer und Traumatisierte, viele haben Drogen- und Alkoholprobleme. Christa Gunsenheimer beklagt die mangelnden Möglichkeiten der Betreuung. Die meisten der etwa 170 Bewohner kommen aus Afghanistan, dem Iran und dem Irak. Dazu kommen noch viele Roma aus Serbien und dem Kosovo und einige Tschetschenen aus Daghestan. Die wenigen Vietnamesen, die hier ankommen, sind meist schnell in ihre Community integriert. Dann sind sie plötzlich nicht mehr da. Das vorzeitige Verschwinden kann also ein gutes, aber auch ein schlechtes Zeichen sein. Denn die Dunkelziffer derjenigen, die in die Kriminalität abrutscht, ist hoch. Zudem finden sich viele Frauen in der Prostitution wieder. Bei den Männern überwiegt der Schwarzmarkt, zum Beispiel der Handel mit Zigaretten. Juristisch befinden sie sich hier in einem Schwebezustand, da sie noch vor dem Status der Duldung sind. Aus diesem Schwebezustand heraus haben sie kaum Möglichkeiten, Jobs oder Wohnungen zu finden. Etwa die Hälfte kann dann aufgrund der Genfer Flüchtlingskonvention in Deutschland bleiben, der Rest geht in die Duldung über. Bewohner bekommen nach Asylbewerberleistungsgesetz €210. Wer es schafft, in Hartz4 zu wechseln, muss das Haus verlassen.

Die Höhe der Finanzierung des Hauses ergibt sich aus einem Satz, der € 10,50 pro Nacht und pro Person beträgt. Darüber wird alles bezahlt, auch das Wachpersonal. Das ist notwendig, damit die Regeln eingehalten werden, damit nach 22 Uhr kein Besuch mehr kommt und damit die Frauen sich in der Anwesenheit der vielen Männer sicher fühlen. Gleichzeitig übernimmt das Wachpersonal, das ebenso multiethnisch zusammengesetzt ist wie das Betreuungspersonal, auch Übersetzungsaufgaben. Durch Kürzungen und Verwaltungsreformen sind in der letzten Zeit einige Kräfte weggefallen. Zwei ÖBS-Kräfte für die gemeinsame Betreuung von Migranten und Senioren gibt es nicht mehr. Und ganz kürzlich sind zwei MAE-Kräfte (Ein-Euro-Jobber) weggefallen, die bei der Hausarbeit halfen, zum Beispiel beim Flicken von Kleidung und Bettwäsche. Das zu ersetzen wird schwer. Umso wichtiger werden nun die Spenden. Neben eben genanntem werden dringend Möbel gesucht. Und, wie Christa Gunsenheimer betont, Teppiche. Viele der Flüchtlinge wollen nicht am Tisch sitzen, sondern präferieren Teppiche. Diese kann sich das Heim jedoch nicht leisten. Wer seinen alten Teppich also nicht mehr sehen kann, sollte diesen nicht gleich wegschmeißen, sondern stattdessen ins Kreuzberger Flüchtlingsheim in der Zeughofstraße 12-15 bringen.

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  1. Google-Blogs: Teppiche gesucht! » Fabio Reinhardt http://bit.ly/hegoaG

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