Two Wings to fly…Berlin

Erst letzte Woche habe ich versucht, die Umstände um die zweite Landesmitgliederversammlung der Berliner Piraten 2011 aufzudröseln. Mittlerweile habe ich mich (und sie sich auch) länger gefragt, ob und inwiefern gewisse Konflikte innerhalb der Piraten vielleicht strukturelle Ursachen haben. Nach strukturellen Ursachen zu suchen ist sinnvoll, wenn man nicht einzelne Personen für grundsätzliche Probleme verantwortlich machen will und nach langfristigen Lösungen sucht. Nachdem ich mehrere Ideen gefunden und wieder verworfen habe, denke ich, dass ich einen Ansatz gefunden habe, der in der Lage ist, die grundsätzlichen Probleme zu erfassen. Ich beziehe mich insbesondere auf den Berliner Landesverband, da ich diesen besonders gut kenne. Der Erklärungsversuch ist jedoch nur exemplarisch. Andere Landesverbände können sich unter Umständen genau so angesprochen fühlen. Wobei in Nicht-Stadtstaaten die regionalen Strukturen und Schwerpunkte wohl mehr ins Gewicht fallen. Eventuell taucht das Problem dort aber einfach zeitverzögert auf.
Mein Erklärungsansatz in Kürze, danach in längerer Form. Die Hypothese lautet: Es handelt sich hier um ein Aufeinandertreffen von zwei verschiedenen Polen, deren Ansprüche in ihrer Extremversion kaum mit einander vereinbar sind. Ausgleichsmöglichkeiten und -verpflichtungen werden ignoriert und mit Buzzwords wie “unpiratig” oder “intransparent” abgetan. Stattdessen wird versucht, eine einzige gemeinsame Identität aufzubauen, die im Extremfall abweichende Meinungen oder abweichendes Verhalten unter Verratsverdacht stellt.
Dazu wird die Situation dadurch verkompliziert, dass viele Piraten sich selbst nicht ausreichend zuordnen können. Statt dessen werden Entscheidungen und Wahlen oft nach einem Bauchgefühl oder nach persönlicher Sympathie getroffen oder es werden Maßstäbe angelegt, die sich den perfekten Kandidaten herbei phantasieren. Die Situation erinnert ein wenig an die Realos und Fundis bei den Grünen in den 80ern. Auch dort, war es wichtig, die Debatte zu führen.
Die Berliner Pragmatiker
Die prominenten Berliner Pragmatiker sind vor allem in Mitte, Prenzlauer Berg und Reinickendorf zu finden. Als Beispiel müssen hier Christopher Lauer, Martin Delius, Manuela Schauerhammer und Michael Schulz dienen. Sie haben zum Teil langjährige Erfahrung in Parteien/Organisationen und/oder Politik, sie streben in Verantwortung und bringen sich vor allem bei Aktionen wie der Vorbereitung von Mitgliederversammlungen, Wahlkampfaktionen sowie der Presse-/Öffentlichkeitsarbeit ein und machen konkret Politik. Sie wollen die 5% gewinnen, erfolgreich sein und nicht in Schönheit sterben.
Kritik: Die Pragmatiker haben es nicht geschafft, sich sinnvoll zu vernetzen. Viele trauen sich noch nicht einmal zu dem Bekenntnis, dass sie Realisten sind, da es geradezu verpönt zu sein scheint in einer Partei, die sich Politik 2.0 auf die Fahnen geschrieben hat. Und Politik 2.0 heißt in erster Linie nicht digital, sondern besser und anders. Dabei ist Pragmatiker sein nichts Schlimmes. Im Gegenteil ist es notwendig, die Realisten in den Reihen zu haben. Sie treiben, sie ziehen und sie behalten den politischen Zirkus im Auge. Sie machen Politik, verzichten im konkreten Fall auf die idealisierte Vorstellung einer besseren Politik.
Die Berliner Idealisten
Die prominenten Berliner Idealisten sind vor allem in Friedrichshain, Lichtenberg und Schöneberg anzutreffen. Als Beispiel herhalten müssen Lena Rohrbach, Andreas Pittrich und Georg Jähnig. Des Weiteren auch Björn, Jan und Andreas Nitsche (Dass sie sich aus der Partei verabschiedet haben, ist an dieser Stelle nicht relevant, jedoch ein offensichtlicher Verlust). Sie vermeiden die Anhäufung von Macht, lehnen zusätzliche Hierarchie-Ebenen (z.B. Bezirksverbände) und einen politischen Vorstand tendenziell ab. Sie haben fast das gesamte Landes-Parteiprogramm geschrieben und Liquid Democarcy erdacht. Die Zahl vor dem Komma beim Wahlergebnis ist weniger wichtig, hauptsache man verliert seine Werte nicht. In extremer Form: Am besten die Wähler kommen einfach zu uns, weil wir das beste Wahlprogramm haben.
Kritik: Die Idealisten wirken oft, als würden sie Verantwortung meiden wollen. Da sie aber gleichzeitig auf Wahlverfahren bestehen, die einen möglichst umfassenden Konsens des Landesverbandes abbilden, wirkt es so, als wollten sie aus der zweiten Reihe Kritik üben und wären vor allem destruktiv motiviert. Das blendet jedoch aus, wie viel Arbeit diese Gruppe leistet, ohne ihre Anerkennung dafür einzufordern.
Ist das nicht zu simpel gedacht?
Was hier beschrieben wurde, waren jetzt natürlich nur die extremen Pole. Die meisten Mitglieder werden irgendwo auf einer breiten Spannbreite dazwischen liegen. Und natürlich ist nicht jeder Pragmatiker in der Sache auch Realist im Programm. Vielmehr verläuft die Konfliktlinie nicht im Inhaltlichen, sondern in der konkretem Umsetzung der gemeinsamen Ziele.  Ich selbst bin zum Beispiel ziemlicher Pragmatiker, habe aber trotzdem am Programm mitgeschrieben und habe dort z.B. in den Bereichen Asyl und Integration Akzente gesetzt, die wohl nicht primär mit Realpolitik zu tun haben. Was die Programmtik angeht, sind wohl die meisten Piraten ziemlich nah am Bereich Idealismus zu verorten, warum sonst wären sie bei der Piratenpartei? Die Sache scheidet sich – wo konkrete politische Verantwortung noch weniger im Vordergrund steht – auch eher, mit welchen Mitteln man unser Programm an den Wähler bringt. Und da wird mir innerhalb meiner Fridrichshainer Crew oft genug bewusst, wie sehr ich Pragmatiker bin. Zum Beispiel wenn es um die Frage geht, ob man flächendeckend Direktkandidaten aufstellen sollte und ob die Motivation zum Kandidieren in jedem Fall auch sein muss, das Mandat anzunehmen.
Weiter verkompliziert wird die Sache natürlich dadurch, dass man nicht unbedingt als Pragmatiker oder Idealist in die Partei kommt und sich dort erstmal selbst entdecken muss. Auf dieser Entdeckungsreise begleiten einen oft andere Piraten, mit denen man sehr interessante und prägende Erfahrungen macht. Diese müssen auf der Pragmatismus/Idealismus-Skala aber nicht unbedingt auf der gleichen Wellenlänge liegen. Im Gegenteil ergänzen sie sich ja je nachdem sehr gut und manchmal sind unpolitische Gemeinsamkeiten, wie Humor, nunmal ein stärkerers Verbindungselement. Um so schmerzhafter ist es später, wenn Forderungen dieser Peer-Group den eigenen Vorstellungen nicht entsprechen und umso geneigter ist man dann, sich der Tendenz der Peer-Group anzupassen.
Einige Idealisten identifizieren sich intensiv mit den Pragmatikern. Diese streben politisch so gar nicht in ihre Richtung und stehen dem basisdemokratischen Interesse der Idealisten eigentlich diametral gegenüber, werden aber als aktiver wahrgenommen. Es vermischen sich Idealisten und Pragmatiker und werden zu “Machis”. Dies war wohl einer der gruppendynamischen Effekte, die den Konflikt rund um die “7Piraten”-Gruppe noch verkompliziert hat. Zusätzlich kam dort die Unfähigkeit hinzu, die eigenen Ziele klar und deutlich und vor allem öffentlich zu kommunizieren.
Eine andere Berliner Piratin, bei der die Sachlage wohl ansatzweise ähnlich ist (nur eben anders herum) ist Piratesse. Sie ist wohl die talentierteste und an sich auch konsequentenste Realpolitikerin, die die Berliner Piraten haben. Zu sehen war dies sehr gut daran, dass sie am härtesten von Idealisten (Jan, Björn, Andreas) wegen der Plakatgeschichte in Prenzlberg stark kritisiert wurde, wo pragmatische Entscheidungsfreude auf idealistisches Tabu-Bestehen geprallt ist. Statt ihre pragmatische Linie offen heraus zu komminizieren und zu verteidigen, assoziiert sich Manu stark mit einer Gruppe von Idealisten um Lena herum. Dadurch wird ihre eigene realpolitische Herangehensweise verwischt. Da sie bei der Kritik der Gruppe an pragmatischer Herangehensweise üblicherweise ausgenommen wird, verliert die Kritik der Gruppe an Glaubwürdigkeit und der Anschein der “Wünschis” entsteht.
Das soll nun nicht heißen, dass man nicht in Gruppen Zeit miteinander verbringen darf, wo Idealisten und Pragmatiker aufeinandertreffen und sich widersprechen. Im Gegenteil sollte man in Crews durchaus nach regionalen Gemeinsamkeiten und nicht nach homogener Interessenslage zusammenarbeiten.
Warum brauchen wir sowohl Idealisten als auch Realisten?
Denn dass wir beide Grupen dringend brauchen, steht außer Frage. Die Idealisten sind es, die uns befähigen, kreative und innovative Politikkonzepte zu erarbeiten. Sie erinnern uns an unsere Werte und Ideale. Sie machen bei uns noch den entscheidenden Unterschied zu den anderen Parteien, die ihre Idealisten schon lange vertrieben oder kaltgestellt haben (Wie dieser schöne Artikel über die lernunwillige SPD zeigt).
Die Pragmatiker sind diejenigen, die uns daran erinnern, dass es nicht nur Aufgabe einer Partei ist, sich tolle Dinge auszudenken, sondern diese auch dem Bürger zu vermitteln und dann in konkreter politischer Verantwortung umzusetzen. Im Klartext: Die Pragmatiker können uns helfen, die 5 %-Hürde zu überspringen, an der wir ohne sie immer kleben bleiben würden.
Woher kommt dann der Konflikt?
Der aktuell schwelende und aufgebrochene Konflikt resultiert vermutlich sehr stark aus dem Nichterkennen und -lösen der aktuellen Problemlage. Dadurch wurden einige entscheidende Fehler gemacht. Obwohl die Situation sicherlich sehr komplex ist, werden hier einige Punkte aufgelistet.
Fehler 1: Trennung von Orga und Programmatik
Im Jahr 2010 haben sich die Berliner Idealisten vor allem auf die Programmarbeit konzentriert, während die Pragmatiker in erster Linie die LMVs und weitere Aktionen organisiert haben. Hierbei konnte man sich sehr gut aus dem Weg gehen. Den Konflikt hat es jedoch nur verstärkt. Eine erste Eskalation gab es dann zwischen den Parade-Extremen Lena und Christopher, die Anfang des Jahres in einem Telefonat aufeinandertrafen und bisher auch nicht aufeinander zugehen wollen.
Fehler 2: Teamwahl
Ende 2010 gab es zwischen einigen möglichen Kandidaten für das Abgeordnetenhaus erste Anzeichen deutlicher Differenzen. Doch statt die Ursachen zu ergründen, wurde an den Symptomen herum gedoktert. Es wurde überlegt, ob eine Teamwahl das Problem umschiffen würde, da man so eine harmonische Gruppe wählen könnte. Mit diesem Ansatz wurde jedoch das Problem nur verschärft. Letztendlich gab es zwar keine Teamwahl, aber eine Abwahl zu harter Pragmatiker, von den Idealisten kandidierte aber kaum jemand. Statt nicht zusammenarbeiten zu wollen, hätte man sich da schon darauf konzentrieren müssen, das Trennende heraus zu arbeiten, einen Modus negotiandi zu finden und zu versuchen, beide Gruppen auf der Liste repräsentiert zu sehen.
Fehler 3: Konfusion von Interessen
Wie oben schon geschrieben, wirken einige Kandidaten momentan unglaubwürdig, weil sie private Präferenzen und politische Vorstellungen vermischen. Dies macht auch die Lokalisierung des Problems schwer und birgt die Gefahr, es von einer politisch-strukturellen Ebene auf eine persönliche Ebene zu verlagern.
Fehler 4: Mangelhafte/falsche Vernetzung
Leider haben die Realisten (und damit auch ich) einen ziemlich schlechten Job damit gemacht, sich untereinander zu vernetzen. Sich in der immer gleichen kleinen Gruppe treffen und  sich selbst immer wieder gegenseitig in seinen Ansichten zu bestätigen,  ist kein sinnvoller Ersatz für das langfristige und nachhaltige Werben um Mehrheiten. So hat es einige Berliner Realisten vor den Kopf gestoßen, als sie  auf der 1. Mitgliederversammlung von einer gefühlten (erhofften?)  scheinbaren Mehrheit (die sie bei vernünftiger Vorbereitung auch hätten  haben können) deutliche Dämpfer bekommen haben. Um sich zu vernetzen, muss man sich natürlich erst einmal bekennen (outen).
Inwiefern hilft uns dieser Ansatz?
Ich weise noch einmal darauf hin, dass es sich hierbei nur um eine Theorie handelt. Diese mag richtig oder falsch sein. Für ihre Richtigkeit spricht jedoch, dass man mit ihrer Hilfe einige Fragen beantworten kann. Wenn man sich zum Beispiel die Situation vor der zweiten Mitgliederversammlung vor Augen hält, dann war es dort für viele Piraten schwer, das Verhalten der sogenannten “7Piraten” auch nur ansatzweise nachzuvollziehen, ohne ihr  Verhalten einfach nur auf Hybris oder Bösartigkeit zu schieben. Im Rahmen meiner Theorie ist es möglich, eine angemessene Forderungshaltung zu formulieren, die das Ganze wesentlich verständlicher macht. Die extreme Formulierung der Wahrnehmung einiger Pragmatiker könnte lauten: “Wir reißen uns hier den Arsch auf und übernehmen konkret Verantwortung, wollen nun auch auf politischer Ebene Verantwortung übernehmen, während ihr euch dieser verweigert. Wir haben uns entschieden, wer von uns am geeignetsten ist und nun wollt ihr auch noch darüber bestimmen, welche unserer Kandidaten ihr für geeignet haltet und welche nicht!” Diese Sichtweise mag überzogen dargestellt sein, würde aber gemäß meiner Theorie eine alternative Erklärung zur egoistischen Nibelungentreue bieten, die so bei vielen Piraten empfunden wurde und ein extrem schlechtes persönliches Licht auf die Gruppe geworfen hat.
Ach ja, und wo ist eigentlich Liquid Feedback zu verorten? Sollte man das Tool eher pragmatisch oder idealistisch einsortieren? Die Antwort auf diese Frage sollte die Sache vielleicht etwas klarer machen: Beides! Und das konnte man auch sehr gut an der Art und Weise sehen, wie das Tool von den verschiedenen Vertretern verteidigt wurde. Denn Christopher – ganz Pragmatiker – hob ja stets hervor, dass es ganz pragmatische Gründe für die Einführung gab (Meinungsaustausch, Parteitagsvorbereitung, Kostenersparnis) und als Alleinstellungsmerkmal in der Parteienlandschaft öffentlichkeitswirksam sei. Von anderen Befürwortern wiederum wurde es als Demokratierevolutionierer angepriesen. Dort sieht man den direkten Unterschied zwischen Pragmatikern und Idealisten. Im besten Fall ergänzen sich also beide Sichtweisen, statt sich zu behindern.
Lösungsansätze
Ich denke, dass die Theorie es durchaus ermöglicht, einiges an Lösungsvorschlägen herauszuarbeiten. Dies kann man natürlich in einem einzigen Blogpost weder vollständig aufrollen noch führt das Finden von Lösungsvorschlägen automatisch zu einer Lösung. Aber zumindest kann man an dieser Stelle einige Impulse geben. Vielleicht sind diese auch sinnvoller als Problemursachen nur auf menschliches Versagen und persönliche Animositäten herunter zu brechen, “die man schon lösen wird, wenn man einfach nur genug miteinander redet.” Reden hilft nicht, wenn man keine gemeinsame Gesprächsebene hat und die strukturellen Probleme mit einem mahnenden “Wir sind doch alle Piraten!” umschifft und hinauszögert. Hier also ein kurzes “Wie kriege ich einen effizienteren und harmonischeren LV in 6 Schritten”, ohne Anspruch auf Erfolg:
Schritt 1: Erkenne an, dass es in der Piratenpartei verschiedene Pole im Spannungsfeld zwischen Pragmatismus und Idealismus gibt und dass keiner dieser Pole “piratiger” ist als der andere. Beide Pole sind wichtig.
Schritt 2: Überlege dir, welchem dieser Pole du dich eher zugehörig fühlst. Wenn du Delegiertensystem, Bezirksverbände, politischen Vorstand.und Direktkandidaten ablehnst, bist du vermutlich ziemlicher Idealist. Man muss natürlich nicht gleich Pol sein, sondern man kann auch an einem beliebigen Ort in der Mitte schwimmen.
Schritt 3: Überlege dir, wie du mit den Piraten, die sich in diesem Spannungsfeld ähnlich fühlen, gut zusammenarbeiten kannst und ihr eure Ziele effektiv in der Partei (gerne auch im Vorstand) vertreten könnt.
Schritt 4: Überlege dir, ob du mit den Piraten, mit denen du “gerne und gut zusammenarbeiten” kannst, die aber gar nicht deine Interessen vertreten, nicht lieber mehr Zeit privat verbringen möchtest. Grundsätzlich solltest du versuchen, zwischen Partei und privat zu trennen.
Schritt 5: Versuche Kontakt aufzunehmen mit den Piraten, die sich im Spannungsfeld anders fühlen und tausche dich intensiv aus. Versucht zu Themen, die euch beide bewegen, konkurrierende Anträge in Liquid Feedback oder für Parteitage zu stellen. Lobt die Inhalte und die Konstruktivität der anderen, während ihr betont, warum eure Forderung die Piraten besser voran bringt.
Schritt 6: Seht euch in einem dauernden konstruktiven Schlagabtausch. Ihr werdet beide gebraucht. Ein zu deutlicher Sieg über die andere Seite würde auch für dich eine Niederlage bedeuten. Versucht fair zu sein und bedenkt, dass es meistens nicht einfach eine “richtige” und eine “falsche” Sichtweise gibt.
Als kleinen Bonus gibt es für alle, die bis hierher gelesen haben, noch ein kleines Video von Peter Kruse zu digital visitors und digital residents, den verschiedenen Polen im Netz.

 

26 Comments

26 Comments

  1. Schön das du die Analyse aus dem Kreis der 7 aufgeschrieben und weiter geführt hast. Es wurde ja in mündlicher Form schon weiter gegeben.

    Schade, das du die Quellen nicht angibst.

    Schade, das du auf dem Kandidatentreffen nicht da warst, das sendet leider anderes Signale als die, die du hier im Blog versuchst zu senden.

    Deine Abwesenheit auf dem Bezirkstreffen davor war auch schmerzlich, da gerade auf diesem begonnen wurde, das geschehene zu Verarbeiten und die Gräben zu überbrücken. Zumindest hast du dir berichten lassen, da dieser Artikel recht genau wiedergibt, was wir vor ein paar tagen besprochen haben.

    Alex

    • Lieber Alex,

      La source – c’est moi.

      Ich habe mit Teilen der 7Piraten gesprochen. Anschließend haben Fabio und ich diesen Text (in der Hauptsache aber Fabio) geschrieben. Fabio hat sich meines Wissens mit keinem der 7Piraten über dieses Thema unterhalten.

      J.

      • P.S. Ich habe das mit den Flügeln von den Grünen abgekupfert 😉 Aber sonst habe ich mir das mit Fabio selbst überlegt. Nur weil ihr zu den gleichen Schlüssen gekommen seid wie wir (was wohl auch daran lag, dass ich mit einigen aus dem Kreis gesprochen habe) haben wir nun geklaut?

  2. Wir brauchen eine Wählerquote bei Stammtischen und anderen Treffen, die die Piraten als Gesamtheit überblicken und sagen wo es makelt. Wir die wir mittendrin stecken sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht und meinen die Probleme einfach zu lösen, aber was wenn man nur von außen das Ausmas von Entscheidungen und Vorgängen sieht?

    Also ladet viele Leute ein vorbeizukommen damit sie die Piraten durch die Mangel nehmen! So machen wir das seit ein paar Wochen in Augsburg und siehe da: Wir kommen inhaltlich und marketingtechnisch weiter voran. 🙂

    grüße
    webrebell

  3. Hey Fabio, das sind ja viele interessante und wie ich finde sehr gute Denkansätze zu unserer Situation. Ich freue mich auch darüber, dass Du meinen Videotipp mit eingebaut hast. Es gibt interessanterweise auch Menschen (zu diesen gehöre ich z.B.), die sich in beiden von Dir aufgemachten Kategorien wiederfinden und durchaus evtl. themenbezogen mal pragmatisch und mal idealistisch herangehen und handeln…

    Sehr gut finde ich Deine Hinweise auf Probleme, die sich aus der mangelnden Abgrenzung (Vermischung) von Privatem und Partei ergeben, sowie aus dem Glauben heraus, Bauchgefühl und persönliche Sympathie als Grundlage für Entscheidungen überbewerten zu müssen. Dies empfinde ich auch als problematisch.

    Ich habe das Gefühl, dass wir Diskurse und Diskussionen oft vordergründig emotional führen und nicht, wie so dringend nötig, auf rational-sachlicher Ebene. Wenn ich dies benenne/anspreche, passiert es mir, dass ich meist schon hier mißverstanden werde – da Begriffe und Bedeutungen oft verwechselt werden. Es heißt dann beispielsweise, dass man doch die Gefühle nicht ignorieren könne und auch darüber auch reden müsse. Klar – aber man kann sehrwohl eben sachlich über seine subjektiven Empfindungen reden und unser Problem ist ja gerade, dass dies nicht passiert, sondern das “Wie” zu emotional gefärbt ist, d.h. Gefühle werden entweder sehr unangemessen, beleidigend usw. geäußert oder Konflikte nur indirekt vermeidend (indirekte Bestrafung – z.B. Sarkasmus, Ignoranz, Ausgrenzung, Ablehnung) ausgetragen. Subjektive Emotionen und Empfindungen werden zu Tatsachen und absoluten Wahrheiten hochstilisiert und es mangelt an Respekt vor dem Gegenüber – vor jeweils anderen Meinungen und Herangehensweisen – so meine Beobachtung zur Konfliktunfähigkeit einiger Protagonisten…

    Du hast Recht – es gibt diese Unterschiede / Tendenzen – inhaltliche, wie auch in der Herangehensweise. Es kommt darauf an, ob es uns gelingt, dies auch zu akzeptieren und uns dabei als gleichwertige Gegenüber zu behandeln. Bewertungen wie “Aktive” und die “Anderen” (sind wir nicht alle aktiv – Orga sowie Programmentwickler usw.) und gegenseitige Aufrechnungen des Ehrenamtes in Arbeitsstunden oder Arbeitszeit als Vorhaltung, bringen uns nicht weiter, sondern verschärfen das Problem. Man kann seine eigenen subjektiven Ansichten, Erwartungen und sein Zeitbudget nicht auf andere ehrenamtlich tätige Menschen übertragen.

    Mir ist zusätzlich noch etwas sehr Destruktives aufgefallen: Es heißt oft: Nur, wer wirklich “aktiv” ist, darf bitteschön sachliche Kritik äußern und auch nur dann, wenn er möglichst schon einen Lösungsansatz aus der Tasche zaubert bzw. diesen gleich selbst durchführt (Motto: “Nicht quatschen, sondern machen” – und hier wird oft die Denkarbeit generell nicht als “MACHEN” berücksichtigt). Aber MOMENT: Das ist pure Managerrhetorik!!! Es wird in Unternehmen in Sachen Personalführung oft diese sogenannte KONSTRUKTIVE Kritik gefordert —> was in dem Fall aber ein geschickter Mißbrauch des Begriffes darstellt – und dies nur mit einem einzigen Ziel: Hiermit soll nämlich gerade MITENTSCHEIDUNG und MITBESTIMMUNG von Personal im Unternehmen verhindert und MITMACHEN auf die Ziele der Führungsriege fokussiert werden. Das ist ein gängiger Trick, den man in entsprechenden Seminaren lernt 😉 Im Gegenteil dazu ist im Sinne einer konstruktiven Herangehensweise und demokratischen Mitbestimmung nämlich gerade die sachliche Kritik, für die noch keinen Lösungsansatz vorhanden ist, zunächst überaus diskussionswürdig… Undifferenziertes, unkritisches oder unbewußtes Übernehmen von Manager- und Geschäftstaktiken in den Parteibereich/Ehrenamt kann sich also zusätzlich zu den von Dir geschilderten Umständen sehr problematisch auswirken (da gilt es insbesondere auch bei den Wahlkampfstrategien aufzupassen).

    Deine sachlich formulierte Kritik und Deine Vorschläge stellen eine sehr gute Diskussionsgrundlage dar. Dein Text beinhaltet wertvolle Denkanstösse. Deshalb von mir: +1

  4. Sehr guter Blogbeitrag von @Enigma424 Two Wings to fly… Berlin http://bit.ly/htaKBr – habe ich gleich kommentiert 😉 #Piraten #Berlin

  5. RT @CaeVye: Lesenswerter Besinnungsaufsatz von Fabio Reinhardt zu den unterschiedlichen politischen Ansätzen der #Piraten: http://tinyurl.com/65qtryu

  6. Zunächst könnte man sagen auch in Bezug zum Kommentar ist ja schön, wenn man unabhängig von einander zu den gleichen Schlüssen kommt. Könnte man aber:

    Schritt 1 – Anzuerkennen, dass jeder – auch bei gegensätzlicher oder nicht übereinstimmender Meinung – ein gewinnbringendes Mitglied des jeweiligen Landesverbandes ist – schön, dass es der Rest jetzt auch begriffen hat.

    Schritt 2 – Kann ich das, mich unterteilen, ich bin jetzt Idealist und kein Pragmatiker oder ist es nicht eher so, dass JEDER je nach Situation oder Position mal Realist, Pragmatiker oder Idealist ist oder dazwischen hängt. Kann ich Personen für mich so einteilen, nein, jeder der hier als Pragmatiker aufgeführt ist, habe ich auch Idealist erlebt und andersrum auch. Also Definition finden löst keine Probleme, sagt der Realist in mir, hilft beim ersten Schritt, dem Erkennen.

    Schritt 3 – Überlege dir, mit wem du zusammenarbeiten kannst, wer ähnlich wie du fühlst, wer ähnlich wie du tickst. Hmm, die die in ihren Ansichten übereinstimmen, arbeiten eher zusammen und schließe ich jetzt andere, die nicht meine Position verfolgen, von der Mitarbeit in Gruppe X aus? Der Idealist in mir sagt, Quatsch mit Soße, man kann auch seinen eigenen Stolz und Vorbehalte überwinden und ungeachtet der persönlichen Vorlieben zusammenarbeiten, wie gesagt, man kann, kein Zwang. Aber wünschenswert, also jetzt ein Wünschi.

    Schritt 4 – Das sagt der Realist in mir, warum? Ich suche geradezu Kritik an meinen Vorstellungen, weil nur die mich zu neuen, nicht eigenen Gedanken bringt. Und der Idealist in mir sagt, nö, warum sollte ich nach Meinungszugehörigkeit entscheiden. Also heißt wohl, ist nicht meine Ansicht, mit wem arbeite ich jetzt zusammen mit Wünschis oder Machis, ja der Idealist sagt, mit allen, der Realist sagt, mit allen die den Angebot an Zusammenarbeit annehmen.

    Schritt 5 – Ja, aber sagt mir bitte nicht dass das neu ist. Der Idealist in mir fällt vom Glauben ab.

    Schritt 6 – Ausgehend von meiner Bewertung zu Schritt zwei, je nach Situation, jede Meinung ist gefragt und vielleicht sich eingestehen, dass man sowohl realistische Anschauungen als auch idealistische hat, das man das nicht an der Person sondern an der Situation, wegen mir auch dem Thema festmachen kann. Und sich eingestehen, was hier leider nicht vorkommt und da ich nicht weiß ob es in diesem Bezirkstreffen Erwähnung gefunden hat oder beim letzten Kandidatentreffen:
    Der, mit der anderen Meinung, mit der abweichenden Meinung könnte Recht haben, man selbst kann durchaus Unrecht haben.

    Also steckt euch nicht in irgendwelche Schubladen, teilt euch nicht in Gruppen ein, sondern beachtet die jeweilige Situation, die jeweilige Position, den anderen als Menschen und es hilft, zu ergründen, warum der andere diese abweichende Meinung hat.

    Moni

    • Mal eine längere Antwort auf Monis Kommentar. Zuerst möchte ich aber nochmal betonen, dass die Schritte – genauso wie der Rest des Textes – natürlich nur als Impuls für zukünftige Diskussionen gedacht sind. Ich bin zwar überzeugt, dass es harmonischer zugehen würde, wenn alle die Schritte etwas mehr im Hinterkopf hätten,

      Schritt 1 – Anzuerkennen, dass jeder – auch bei gegensätzlicher oder nicht übereinstimmender Meinung – ein gewinnbringendes Mitglied des jeweiligen Landesverbandes ist – schön, dass es der Rest jetzt auch begriffen hat.

      Finde ich gut. Das ist eine idealistische und vor allem humanistische Einstellung. Aber sie ist grundsätzlich erst einmal unpolitisch. Das heißt, nur mit dieser Einstellung, kann man keine Organisation aufbauen oder aufrecht erhalten, aber ohne machts auch keinen Spaß.

      Schritt 2 – Kann ich das, mich unterteilen, ich bin jetzt Idealist und kein Pragmatiker oder ist es nicht eher so, dass JEDER je nach Situation oder Position mal Realist, Pragmatiker oder Idealist ist oder dazwischen hängt. Kann ich Personen für mich so einteilen, nein, jeder der hier als Pragmatiker aufgeführt ist, habe ich auch Idealist erlebt und andersrum auch. Also Definition finden löst keine Probleme, sagt der Realist in mir, hilft beim ersten Schritt, dem Erkennen.

      Es geht hier nicht darum, Menschen unbedingt und gegen ihren Willen in Schubalden einzusortieren, aus denen sie danach nicht wieder heraus dürfen. Sondern es geht um Stützen und Hilfen und das Vorbeugen von Enttäuschung. Neue Mitglieder haben es oft schwer, weil ihnen Strukturen fehlen. (Auch ein Suchen nach Hierarchien und Führung mag dazu kommen, welches unter Umständen dazu führen kann, dass jemand sich in Ermangelung eines politischen Vorstands nach demjenigen umschaut, der am lautesten schreit, aber ich denke doch, dass man an der Stelle einfach mit Hilfe und wegen seines humanistischen Menschenbildes Risiken eingehen muss und sich dies langfristig auch auszahlt.)
      Anarchisten fühlen sich sicher wohl, aber manche suchen auch nach mehr Zuordnung. Und Flügel helfen an dieser Stelle wirklich weiter. Auch das Suchen nach Mehrheiten ist leichter, wenn nicht alles völlig diffus ist, sondern schon vorher feststeht, dass es einen weiter bringt, wenn man bestimmte Gruppen überzeugen kann. Zwei mögliche Alternativen finde ich beide bedenklich. Das erste ist das ständige Suchen nach Autoritäten und Multiplikatoren, die die Möglichkeit haben, das Thema durchzusetzen. Das zweite ist die regionale Zuordnung. So ist es momentan bei einigen Bezirken oder LVs, wo die Meinungsbildung erst in der eigenen lokalen Gruppe geschieht, statt im Flügel. Das halte ich aber im Internetzeitalter für nicht mehr zeitgemäß.

      Schritt 3 – Überlege dir, mit wem du zusammenarbeiten kannst, wer ähnlich wie du fühlst, wer ähnlich wie du tickst. Hmm, die die in ihren Ansichten übereinstimmen, arbeiten eher zusammen und schließe ich jetzt andere, die nicht meine Position verfolgen, von der Mitarbeit in Gruppe X aus? Der Idealist in mir sagt, Quatsch mit Soße, man kann auch seinen eigenen Stolz und Vorbehalte überwinden und ungeachtet der persönlichen Vorlieben zusammenarbeiten, wie gesagt, man kann, kein Zwang. Aber wünschenswert, also jetzt ein Wünschi.

      Natürlich soll man nicht alle Kontakte zu anders denkenden abbrechen. Das wäre ja mehr als kontraproduktiv. Es geht darum, die Meinungsbildung in der dafür geeigneten Gruppe vorzunehmen und nicht unbedingt in seiner Peer Groop. Über seinen Schatten springen ist aber natürlich ein gutes Stichwort, das gehört in der Tat dazu

      Schritt 4 – Das sagt der Realist in mir, warum? Ich suche geradezu Kritik an meinen Vorstellungen, weil nur die mich zu neuen, nicht eigenen Gedanken bringt. Und der Idealist in mir sagt, nö, warum sollte ich nach Meinungszugehörigkeit entscheiden. Also heißt wohl, ist nicht meine Ansicht, mit wem arbeite ich jetzt zusammen mit Wünschis oder Machis, ja der Idealist sagt, mit allen, der Realist sagt, mit allen die den Angebot an Zusammenarbeit annehmen.

      Natürlich muss die Zeit mit der anderen Gruppe nicht nur privat sein, sondern kann auch ein konkretes politisches Projekt sein. Wenn man aber zuviel Zeit miteinander verbringt, fängt man auch an, sich in den Meinungen aneinander anzugleichen, ohne dass dies eigentlich gewollt ist. Dies kann auch dazu führen, dass man plötzlich Dinge auf einer LMV verteidigt, die eigentlich gar nicht der eigenen Meinung entsprechen und man auch gar nicht versteht, wieso einen eigentlich gerade keiner versteht. Gerade bei jemandem, der einem privat sehr sympatisch ist, hat man vielleicht Bedenken, zu hart zu widersprechen. Das sind natürlich Hinweise, die vor allem von auf Menschen zutreffen, die vorher noch nicht so lange in einer politischen Organisation waren. Von einem SPDler habe ich mal gehört, dass das was wir zum großen Teil so durchfechten, Dinge sind, die bei ihm am Stammtisch mit ein paar Worten erledigt, wären, weil das alles Dinge sind, die sich durch jahrelange Juso-Aktivität (Spielwiese Jugendorganisation) schon eingespielt haben. Damit will ich natürlich nicht sagen, dass wir mehr so werden sollen wie die SPD, sondern nur, dass es einfach einige Erfahrungen gibt, die man gemacht haben sollte, um die Abgrenzung zwischen privat und politisch sauber ziehen zu können oder ansonsten einfach genauer darauf achten.

      Schritt 5 – Ja, aber sagt mir bitte nicht dass das neu ist. Der Idealist in mir fällt vom Glauben ab.

      Tja, leider ist es in der Tat so, dass sich gerade bei AGs zu einem Thema (zB Wirtschaft) oft Leute zusammenfinden, die ihre Ansichten so lange und so vehement verteidigen, bis sie anders denkende aus der AG geekelt haben. So soll das natürlich nicht sein. Sondern es wäre wichtig, dass man sich in der AG mit Leuten austauscht, die auch genau gegenteilige Meinungen haben. Aber man kann natürlich auch in einer AG zwei Flügel haben und sollte das sogar. Deswegen ja auch die Regel Nummer 6, dass man immer darauf achten sollte, dass der Sieg nie zu groß bzw. endgültig ist, da man ja einander braucht.

      Schritt 6 – Ausgehend von meiner Bewertung zu Schritt zwei, je nach Situation, jede Meinung ist gefragt und vielleicht sich eingestehen, dass man sowohl realistische Anschauungen als auch idealistische hat, das man das nicht an der Person sondern an der Situation, wegen mir auch dem Thema festmachen kann. Und sich eingestehen.

      Die Erfahrung zeigt, dass man zu in der Regel zu einem der beiden Pole neigt und dies weniger von bestimmten Situationen als vielmehr von der Grundeinstellung abhängig ist. Natürlich ist man nicht festgebunden und natürlich ist es gut, wenn man auch regelmäßig zu Kompromissen kommt, die dann von allen mitgetragen werden. Was das Programmatische angeht, sind wir ja in Berlin auch überaus harmonisch. Aber in einigen anderen Bereichen ist dies offensichtlich schwieriger.

      Also steckt euch nicht in irgendwelche Schubladen, teilt euch nicht in Gruppen ein, sondern beachtet die jeweilige Situation, die jeweilige Position, den anderen als Menschen und es hilft, zu ergründen, warum der andere diese abweichende Meinung hat. Der, mit der anderen Meinung, mit der abweichenden Meinung könnte Recht haben, man selbst kann durchaus Unrecht haben.

      Genau. Das habe ich ja auch geschrieben. Aber Schubladen können manchmal wirklich sinnvoll sein, wenn man irgendwann gar nicht mehr so genau weiß, worüber man sich eigentlich gerade streitet.

      • Anweisung per Twitter: Fasse dich kurz 😛 Ich versuche es mal 😉

        Schritt 1 – Organisationsaufbau – was zu beweisen wäre.

        Schritt 2 – Entweder bin ich Anarchist, der keine Orientierung braucht, oder keine Ahnung, ich sortiere nicht, für mich ist jeder einzigartig, hat jeder Talent, das man einsetzen kann.

        Schritt 3 – Um einen Kontakt abzubrechen, muss man den erstmal haben, Kritik suchen ist ein Weg.

        Schritt 4 – Ein Selbstbewusstsein entwickeln, dass auch Freundschaften einen nicht von seiner Ansicht abbringen können und im Gegenzug akzeptieren, dass Leute die ich mag, andere mir gegensätzliche Ansichten haben bzw. meinen nicht folgen.

        Schritt 5 – Wenn man zu jedem Thema wieder neue Gruppen bildet, dann sollten die geschilderten Vorgänge nicht zu oft vorkommen, daher eben eher keine festen Strukturen, aber kann sein, dass die anderen Sicherheit geben, mir nicht.

        Schritt 6 – Wenn Grundeinstellung, dann eher die ob man Kritik akzeptieren kann oder nicht und wie man darauf reagiert, ansonsten bleibe ich dabei dass eine realistische und idealistische Einschätzung sich bei jedem abwechselt.

        Fazit: Die Frage ist, in wie weit kann jeder ertragen, dass eine andere ihm gegensätzliche Meinung angebracht wird, vorherrscht, selbst von befreundeten Menschen vertreten wird. Da bin ich wieder bei jedem selbst, kann sein, dass ich auch einfach nicht auf Gruppendefinition stehe.

        Kürzer ging es nicht.

  7. Ich hatte leider aus Zeitgründen gerade nicht die Möglichkeit den Artikel ganz durchzulesen. Was ich angelesen habe, gefällt mir aber sehr und ich glaube es lässt sich auch gut auf einige bundesweite Probleme umlegen.

    Kommunikationsfehler, Grüppchen, die kungeln, sich untereinander bestätigen aber nie für ihre Positionen werben, Positionen der ‘Gegner’ werden nie wirklich sachlich betrachtet, sondern direkt diffamiert und lächerlich gemacht.

    “Die anderen” bauen sowieso nur Mist.

    IMHO stehen wir gerade mitten in einer ernsten Zerreissprobe und ich weiss nicht, ob wir sie überstehen. Zumindest zeichnet sich jetzt schon ab, dass die weniger stress-resistenten Piraten abspringen oder sich in die Untätigkeit zurückziehen (Ich ja auch).

    Die Gefahr, dass nur dickfellige und machtbewußte Piraten übrig bleiben, besteht.

  8. Tja deswegen habe ich mich auch mal als pragmatischer Idealist bezeichnet. Mir war bei Parteieintritt klar, dass es ziemliche Zerreissproben geben wird, dass über unsere Kernthemen, Organisation und auch Themenerweiterung intensiv gestritten werden wird… und dass wir nebenbei auch noch Wahlkämpfe zu bestreiten haben. Dafür war ich bereit Abstriche an meinen “Idealen” zu machen.

    Zeigt sich aber, dass ich wohl doch eher Idealist bin. Heute bin ich nicht mehr in der Partei… nachdem LiquidFeedback quasi gescheitert ist (Lauers Brechstangenpolitik* sei Dank), dürften auch weitere “idealistische” Organisationskonzepte zurückgedrängt werden.

    Ich kann dir nur von Bayern berichten, hier ist der “pragmatische” oder realpolitische Teil noch stärker als in Berlin; in den Entscheidungsriegen sowieso.

    Danke dass du hier diesen Konflikt so schön aufgedröselt hast, schöner Blogpost.

    PS: Ich denke nicht, dass Ideale im Konflikt mit Realität stehen, die Bezeichnung “Realist” ist also irreführend. Klar kann man nicht von heut auf morgen die Welt schlagartig verbessern, nur um Verbesserungen zu erreichen darf man seinen Anspruch nicht aufgeben. Idealisten sind in der Mehrzahl mE sehr realistisch… Die Frage ist nur ob man als Idealist einen _Abbau_ der eigenen Ideale Inkauf nehmen soll, oder ob man irgendwo eine Grenze zieht.

    *) Auch wenn Lauer sich immer pro-lqfb geäußert hat, sprechen seine Handlungen mE eine andere Sprache..: Mit dem dogmatischen Nichtabweichen vom Transparenzprinzip, mit den grob unpassenden NB und DSE und dem starken innerparteilichen Druck hat er LQFB nach und nach delegitimiert. Mir ist auch nicht bekannt, dass er sich dafür einsetzt dass die Ergebnisse von LQFB irgendeine Bedeutung erlangen würden, genaugenommen wurde das sogar von ihm/mit seinem Wissen in den NB ausdrücklich ausgeschlossen.

  9. Hallo Fabio,

    ich fürchte Deine “Analyse” geht komplett am Thema vorbei. Die von Dir so bezeichneten Gruppen Pragmatiker und Idealisten gibt es so im LV Berlin nicht.

    Woran der LV Berlin krankt ist im Wesentlichen ein ins extremistische gehende Abgrenzungsreflex gegenüber Piraten, die sich dem Inner Circle und ihrem LF-Tool nicht unterwerfen wollen und trotzdem gute und aufrichtige Piraten sind und – interessanterweise – im Falle des Bezirks Reinickendorf um Längen strukturierter, disziplinierter und “piratiger” sind.

    Wer Pirat ist sollte eigentlich auch andere Meinungen als die eigene akzeptieren können. Nur so kann mittelfristig eine thematisch breit aufgestellte Partei entstehen.

    Bestren Gruß, Andena

  10. Comment bei @enigma424 .. Ich und die #piraten – enttäuschte Liebe ;): http://bit.ly/fGLjxP

  11. Nach meiner Beobachtung ist die Konfliktlinie zwischen Idealisten und Pragmatikern recht unbedeutend, häufig können Piraten beider Seiten problemlos produktiv zusammenarbeiten.

    Nach meiner Beobachtung verläuft derzeit die Hauptkonfliktlinie zwischen den Befürwortern und Gegnern von Christopher.

  12. Lieber Fabio,

    erst einmal danke für deinen langen und durchdachten Post! 🙂

    Ich komme ja ein paar Mal darin vor und habe mir deshalb Gedanken darüber gemacht, ob ich die Charakterisierung als “Paradebeispiel” einer “Idealistin” annehmen möchte. Jedenfalls im derzeitigen Kontext wehre ich mich allerdings dagegen, und zwar, weil ich die vorgenommene Einteilung in “Realisten” und “Idealisten” für gefährlich halte.
    Ich bin überzeugt, dass das nicht deine Intention war, aber eine solche Einteilung mindert die Schärfe der von sog. “Idealisten” kommenden Kritik ebenso wie die Sogkraft ihrer Ideale/Utopien, und es entschärft auch potentiell kritisch zu sehendes Vorgehen seitens der sog. “Realisten”. Indem man Personen als “Idealisten” bezeichnet, ihnen die Rolle der Mahner zuweist und zugleich annimmt, man brauche aber auch “Realisten”, um im politischen Alltag voranzukommen, betrachtet man jede Aussage der “Idealisten” von vornherein nur als eine noch zu komplettierende Hälfte (ebenso jede Aussage der sog. “Realisten”). Es wird impliziert, der richtige Weg ergebe sich durch das Zusammenspiel der beiden Kräfte (“Two wings to fly Berlin”) und damit gilt jede “idealistische” Kritik gleich als die Radikalversion der eigentlich korrekten Aussage, die “irgendwo in der Mitte” liegt.

    Die Einteilung ist auch deshalb gefährlich, weil sie zugegeben extrem attraktiv ist. Du machst einen Vorschlag zur Versöhnung (“es gibt einen Platz für Jeden” und “der Konflikt ist auflösbar, ihr seid These und Antithese und wir müssen nur zur Synthese finden”). Deshalb fühle ich mich auch gerade irgendwie schlecht damit, ihn abzulehnen. :/ Ich steh ja eigentlich total auf Harmonie ;).
    Die Einteilung ist auch deshalb attraktiv, weil sie uns allen sowohl eine Identifikation, eine Rolle anbietet (damit lebt es sich halt immer einfacher) als auch einen Weg, den eigenen Standpunkt zwar zu vertreten, aber ohne dass die Gefahr eines wirklichen harten Konfliktes besteht (“Lena übt gerade bloß ihre Rolle aus, das ist auch gut so, “Realist” XY bloß seine, das ist ebenfalls gut so”). Deshalb ist es attraktiv für die Personen, das Deutungsmuster anzunehmen. Es ist auch für mich attraktiv, es anzunehmen: Ich würde Konflikte verdammt gern in einer Synthese auflösen. Aber ich fürchte mittlerweile, das es nicht so einfach ist, die Konflikte sind echte, substantielle Konflikte, und ein “jeder erfüllt seine Rolle und das ist gut so” relativiert, löst aber nicht.

    Welche politischen Vorgehens- und sozialen Umgangsweisen für legitim gehalten werden, gehört für mich zur Identität einer politischen Partei. Ein gemeinsames Parteiprogramm reicht da nicht, man muss auch hier Gemeinsamkeiten haben. Wenn ich die als nicht ausreichend sehe, muss ich anerkennen, in der falschen Partei zu sein.

    Vielleicht, merke ich gerade, ist auch das eine relevante Konfliktlinie im LV: Für einige Personen scheint ein politischer Inhalt, den es durchzusetzen gilt, trennbar zu sein vom Weg dahin, und aus dieser Perspektive haben wir ein gemeinsames Ziel, eine gemeinsame Identität, und müssen nur endlich mal zusammenhalten. Für andere, ich gehöre dazu, ist ein politischer Inhalt untrennbar verwoben damit, wie man politisch und sozial handelt. Ich nehme uns eine Utopie für die “große” Gesellschaft BRD nur ab, wenn wir sie in der “kleinen” Gesellschaft PP auch zu leben versuchen. Aus meiner Perspektive gibt es, wenn die Kluften dort zu groß sind, eben keine gemeinsame Identität. Und deshalb muss ich das Versöhnungsangebot deiner Einteilung leider ablehnen. “Und welche Freiheit dann das erste Nein: Nein, ich will etwas anderes”. 🙂

    • Reicht es nicht, ein gemeinsames Ziel zu haben und zu akzeptieren, dass nicht jeder den Weg dahin nimmt, den man selbst wählt? Aus Erwartungen heraus, entstehen diese Differenzen, Erwartungen leiten sich vom eigenen Selbstbildnis und Idealen ab, realistisch betrachtet, sollten wir nach Idealen streben, aber akzeptieren, dass die Welt nicht ideal ist. Die Konfliktlinie hast du meiner Ansicht nach getroffen.

      Wir sind alles Piraten, wir geben uns eine gemeinsame Identität dadurch, aber unter diesem großen Schirm gibt es eben knapp 12.000 Individuen mit unterschiedlichen Vorstelllungen und Einstellungen.

      Bis auf diese beiden Punkte stimme ich dir vollkommen zu. 😉

      Moni

      • > Reicht es nicht, ein gemeinsames Ziel zu haben und zu akzeptieren, dass nicht jeder den Weg dahin nimmt, den man selbst wählt?

        Meiner Ansicht machen die Piratenpartei weniger die Sachziele als vielmehr die Verfahrensziele aus, vor allem Partizipation und Transparenz. Manche Wege diskreditieren da nun mal ganz erheblich das gemeinsame Ziel, und von daher kann der Zweck nicht alle Mittel heiligen.

  13. Hallo Fabio,

    danke für diese Analyse. Sie ist so weitreichend, dass sie m.E. nicht nur für Berlin gilt sondern auch für die Partei insgesamt. Ich werde sie im Kopf behalten bei meinen Diskussionen mit anderen Piraten und gebe dir grundsätzlich Recht.

    Schönen Gruß
    Aleks

  14. Hach, ich hab das im März nicht gelesen und bin eben erst darüber gestolpert. Nun habe ich den Artikel wie auch die vielen Kommentare gelesen. Und -es wird dich nicht sehr verwundern 😉 – ich sage erst mal: “Das, was Lena sagt.”

    Die Aufspaltung in zwei Gruppen halte ich für viel zu einfach. Auch halte ich, das wirst du mit dem Abstand der letzten Monate vielleicht auch besser sehen können, die Charakterisierung (nicht nur) meiner Person als “einen der beiden Pole” zwischen Pragmatismus und Idealismus für zu kurz gegriffen.

    Nicht nur das politische Ziel darf das Ziel sein, sondern auch die Gestaltung des Weges dahin. Das eine sollte nie ohne das andere gedacht werden. Das geht über eine Dualität von Pragmatismus und Idealismus weit hinaus.

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